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Thomas Schnitzler

Bären fotografieren in Finnland

Aktualisiert: 16. Sept. 2023


Braunbär im Wald in Finnland.
Canon R5 + Sigma 500mm f/4 Sport (500mm | f/4 | ISO400 | 1/640s)

Ein kleiner Bericht zu einer einwöchigen Reise nach Finnland mit dem Ziel Bären zu fotografieren.

Im Osten Finnlands gibt es viele Anbieter von Hides zum Fotografieren von wilden Bären in freier Natur. Ich habe während der Tour 6 Nächte in solchen Foto-Hides verbracht. Die ersten 2 Nächte war ich in Hides von Wildlife Safaris Finland (Lassi Rautaninen) und dann weitere 4 Nächte in Hides des Anbieters Bear Centre. Die Camps sind in der Nähe der russischen Grenze gelegen und nicht sehr weit von Kuhmo entfernt.


Die Anreise

Propeller Flugzeug auf dem Vorfeld des Flughafens.
Mit diesem Flugzeug ging es von Helsinki nach Kajaani, aufgenommen am Flughafen von Kajaani.

Die Anreise erfolgte mit dem Flugzeug von Düsseldorf nach Helsinki und von dort aus mit einer kleineren Maschine weiter bis nach Kajaani. Ich hatte Glück, Finnland hatte ein paar Wochen vor Reisebeginn wieder touristische Einreisen zugelassen und trotz Covid-19 verlief die Anreise und auch die Abreise problemlos.

Schon aus dem Flugzeug nach Kajaani sieht man die beeindruckende Landschaft Finnlands, Wälder und Seen wohin man auch blickt, zwischendurch taucht mal eine kleinere Siedlung auf, aber man kann sich auf einen Aufenthalt mitten in der Natur freuen.

Nach der ersten Nacht im Hotel ging es dann morgens mit dem Mietwagen zum ersten Camp (Wildlife Safaris Finland), ich wurde freundlich von Lassi empfangen und es wurden kurz die Verhaltensregeln für den Aufenthalt in den Hides besprochen.


Im Bären Camp

Tisch mit Akkus, Speicherkarten, Kameras. Akkus in Ladegeräten und eine Little Backup Box im Betrieb.
Zurück im Zimmer, werden die Akkus für den Abend geladen und die Fotos gesichert.

Der Ablauf ist in den Camps eigentlich immer gleich, gegen 16:00Uhr gibt es ein warmes Abendessen und gegen 17:00Uhr macht man sich dann auf den Weg zu den Hides (Die Zeiten können je nach Jahreszeit etwas variieren). Dort verbringt man den Abend und die Nacht und morgens gegen 7:00 oder 08:00Uhr geht oder fährt man zurück ins Camp und genießt erstmal ein gutes Frühstück. Den Rest des Tages hat man zur freien Verfügung, entweder man holt etwas Schlaf nach oder man erkundet die Gegend oder sichtet schonmal die Fotos aus der vergangenen Nacht.

Die Camps verfügen über eine ganze Reihe von Hides, einige sind am Rande eines Waldes, andere am Ufer eines kleinen Sees, wieder andere sind mit Blick auf eine freie Fläche. Der Anbieter Bear Centre ermöglicht schon vor dem Beginn der Reise Hides auszuwählen, auf der Webseite findet man eine Karte auf der alle Hides eingezeichnet sind und je nach Verfügbarkeit kann man sich frei entscheiden. Bei Wildlife Safaris Finland bekam ich das Hide jeweils am Nachmittag zugeteilt.

 

Verhalten im Foto-Hide

Über die Holzkonstruktion wird der Schall gut übertragen und auch wenn man gerade kein Tier sieht, kann es doch ganz in der Nähe sein.

Wichtige Regeln:

  • Leise sein!

  • Möglichst nicht sprechen

  • Leise und vorsichtig bewegen

  • Im Hide ist nicht viel Platz, man muss sich direkt nach der Ankunft alles organisieren, Kameras aufbauen, Speicherkarten und Akkus bereitlegen, Getränke und Essen griffbereit organisieren

  • Das Öffnen von Taschen unbedingt vermeiden (Reisverschlüsse sind lauter als man denkt)

  • Alles was einen starken Geruch verströmt vermeiden (Deo, Parfüm, Mückenschutzmittel)

 

Endlich im Foto-Hide

Endlich ging es los! Nach einer kurzen Fahrt mit dem Auto und einer kleinen Strecke zu Fuß haben wir die Location erreicht. Ich habe mein zugewiesenes Hide bezogen und war noch nicht ganz fertig mit dem Aufbau meiner Kameras, da sah ich bei einem zufälligen Blick nach draußen bereits einen Wolf über das offene Gelände laufen. Damit hatte ich nicht gerechnet, eher mit langem Warten und Hoffen überhaupt ein Tier zu sehen. Jetzt musste es schnell gehen, ich wusste nicht, wie lange der Wolf in der Nähe sein würde. Einige gute Bilder sind mir dann auch gelungen und darüber bin ich sehr froh. Wie sich im Verlauf der Reise rausstellen sollte, war das der einzige Wolf, der mir vor die Kamera kommen würde.

Ein Wolf auf einer herbstlich gefärbten Wiese vor einem Wald.
Canon R5 + Sigma 500mm f/4 Sport (500mm | f/4 | ISO800 | 1/800s)
Wolf läuft über die Wiese in Richtung der Kamera.
Canon R5 + Sigma 500mm f/4 Sport (500mm | f/5.6 | ISO800 | 1/2500s)

Kurze Zeit später tauchte dann auch der erste Bär auf. Zunächst war er noch weit entfernt kam aber immer näher und wurde immer größer. Es sind beeindruckende Tiere. Mit ihren langsamen Bewegungen und dem dicken braunen Fell strahlen sie viel Ruhe und Gemütlichkeit aus, gleichzeitig aber auch Souveränität, Kraft und Bedrohlichkeit.

Wenn die Bären nahe genug an meinem Hide waren, konnte ich sie kauen und atmen hören. In der ersten Nacht bin ich von diesen Geräuschen aufgewacht. Es war ein kleines Hide ohne Bett, ich lag also etwas beengt auf dem Boden und hörte durch die dünne Bretterwand den Bären. Ein sehr schönes Erlebnis, aber ich habe auch gehofft, dass er nicht auf die Idee kommt das Hide mal näher zu untersuchen.

Braunbär im Morgen-Nebel an einem kleinen See.
Noch liegt Nebel über dem kleinen See. Canon R5 + Sigma 500mm f/4 Sport (500mm | f/4 | ISO800 | 1/640s)

Bären habe ich viele gesehen, jeden Abend und meistens auch in den Morgenstunden. Gehofft habe ich immer auf einen Vielfraß oder weitere Wölfe oder einen Elch, aber sie wollten sich nicht zeigen. Vielleicht waren sie auch im Schutz der Dunkelheit da. Ich war Mitte August unterwegs, im Gegensatz zu den Sommermonaten wird es nachts für einige Stunden dunkel und zumindest zum Fotografieren reicht das Licht dann nicht mehr aus. Ich habe diese Zeit für ein bisschen Schlaf genutzt. Kurz vor Sonnenaufgang saß ich dann wieder hinter den Kameras und das wurde fast immer mit weiteren Möglichkeiten für Fotos von Bären belohnt.

Braunbär im Wald in Finnland.
Canon R5 + Sigma 500mm f/4 Sport (500mm | f/4 | ISO400 | 1/1600s)
Braunbär im Wald in Finnland.
Canon R5 + Sigma 500mm f/4 Sport (500mm | f/4 | ISO400 | 1/1600s)
Braunbär im Wald in Finnland.
Canon R6 + Canon EF 100-400mm L IS USM II (400mm | f/5.6 | ISO3200 | 1/800s)
Braunbär hinter einem kleinen Busch, blickt direkt in die Kamera.
Canon R5 + Sigma 500mm f/4 Sport + 1.4 Konverter (700mm | f/5.6 | ISO800 | 1/1000s)
Braunbär im Wald in Finnland, aufrecht an einem Baum.
Canon R5 + Sigma 500mm f/4 Sport (500mm | f/4 | ISO400 | 1/500s)

Neben den vielen schönen Momenten in denen ich die Bären beim Umherwandern auf der Suche nach Futter beobachten konnte, gab es auch ein paar besondere Erlebnisse. Zweimal konnte ich beobachten wie sich ein Bär an einem Baum aufgerichtet hat. Bei diesem Anblick wurde mir dann nochmal bewusst wie groß diese Tiere tatsächlich sind. Ein anderer unvergesslicher Moment war, als der Bär sich endschied zu schwimmen. Schon am Abend hatte er (ich glaube es war der gleiche) Anstalten gemacht ins Wasser zu gehen - aber da blieb es bei den Vorderbeinen. Ich hatte die Hoffnung auf einen schwimmenden Bären schon aufgegeben, doch dann am Morgen, nach langem Zögern und einigem umherwandern am Ufer, ging er dann doch komplett ins Wasser. Übrig bleiben von dem mächtigen Tier nur die Nase, die Ohren und die kleinen Augen.


Braunbär ist halb im Wasser eines kleinen Sees, versucht Nahrung zu finden.
Am Abend blieb er am Ufer...

Braunbär schwimmt im kleinen See.
…aber am Morgen war es dann soweit!
Braunbär im Wasser eines kleinen Sees, hat Nahrung gefunden und frisst.
Der Ausflug ins Wasser hat sich gelohnt.
Braunbär, nass nach dem schwimmen im See, liegt im Gras vor einigen Bäumen.
Nach dem Schwimmen hat er sich erstmal ein wenig am Ufer ausgeruht.
 

Kamera Ausrüstung

Im Vorfeld konnte ich schwer einschätzen in welcher Entfernung die Tiere zu sehen sein werden. Für eine maximale Flexibilität habe ich immer mit 2 Kameras und unterschiedlichen Objektiven gearbeitet.

  • Setup 1.: Canon R5 + Sigma 500mm F/4 DG OS HSM Sports + Canon 1.4x und 2.0x Konverter + Benro S7 Videokopf

  • Setup 2: Canon R6 + Canon EF 100-400 4.5-5.6 L USM II + Novoflex ClassicBall 5II mit Tiltbügel

 

Es gibt verschieden große Hides, einige sind für 1-2 Personen ausgelegt, andere für 4-5. Ich hatte im Vorfeld kleine Hides zur alleinigen Nutzung reserviert. Ein Teil der Wände besteht aus Stoff und durch Öffnungen lassen sich die Objektive stecken. Die Kamera wird auf den selbst mitgebrachten Stativkopf montiert, der wiederum auf einem Holzbrett des Hides befestigt wird. Einige Hides haben bodennahe Öffnungen, hier kommen Bohnensäcke zum Einsatz.

Die meiste Zeit kam die Canon R5 und das Sigma 500mm zum Einsatz. Das Objektiv hatte ich mir für die Reise bei Sigma ausgeliehen. Mit der Bildqualität bin ich sehr zufrieden. Mit der Lichtstärke von f/4 sind niedrigere ISO Werte möglich als mit dem Zoom, was gerade in der Dämmerung Vorteile bringt. Die Freistellung funktioniert etwas besser und ich hatte auch den Eindruck das der Autofocus bei wenig Licht treffsicherer war. Wenn man auch noch etwas Umgebung mit aufs Bild bringen will oder wenn die Bären sehr dicht am Hide sind, dann ist das Zoom Objektiv hingegen deutlich flexibler. Im Vorfeld hatte ich in einigen Berichten gelesen, dass der Autofokus des Sigma Objektivs an den neuen R Kameras von Canon sehr langsam sein soll. Ich hatte keine Probleme, vielleicht aufgrund des kurz vorher noch zur Verfügung gestellten Firmware Updates für das Objektiv oder weil sich die Bären meist eher langsam bewegen und der AF daher auch nicht extrem schnell sein muss. Der Augenfokus der R5 hat mit dem Objektiv gut zusammengearbeitet und ist natürlich eine sehr große Hilfe. Hin und wieder wurden allerdings Nase oder Ohren der Bären als Augen erkannt und erfasst. Aber dieses Problem hatte ich auch mit dem Canon Objektiv.

Die beiden Telekonverter kamen nur selten zum Einsatz. Die Brennweite erwies sich dann oft als zu lang und das schnelle Entfernen des Konverters war nur bedingt möglich, da die Geräusche doch sehr über die Holzkonstruktion der Hütte übertragen wurden.


Fazit der Tour

Es war das erste Mal für mich wilde Tiere aus dieser Nähe aus einem Hide heraus zu fotografieren. Ich konnte einige Bären in diesen Tagen beobachten, ebenso einen Wolf und verschiedene Vögel und einen Fuchs (zum Fotografieren war es schon zu dunkel). Leider hatte ich nicht das Glück einen Elch oder einen Vielfraß vor die Kamera zu bekommen..

Die Nutzung von Foto-Hides ist eine sehr gute Möglichkeit wilde Bären und Wölfe in ihren natürlichen Lebensräumen zu erleben, ihnen nahe zu kommen und gute Fotos zu machen. Wahrscheinlich ist es auch die einzige Möglichkeit – zumindest in Europa. Ich glaube, weil ich allein und ohne Ablenkung durch andere Menschen in der Hütte war, konnte ich die Situation besonders intensiv erleben. Die Bären waren oft so nah an der kleinen Hütte, dass man sie kauen und atmen hörte und man wusste es ist nur ein Stück Stoff oder im besten Falle ein dünnes Brett zwischen dem Tier und einem selbst.

Überall auf der Erde werden die Lebensräume der Tiere immer weiter eingeschränkt. Ich bin sehr froh, dass es noch Gebiete wie diese gibt, in denen Tiere wie Bären und Wölfe noch frei leben können. Hoffentlich bleibt uns diese Natur noch sehr lange erhalten.

Würde ich so eine Tour nochmal machen? Ganz klar: Ja!


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